Menu
Wissensplatz
Augmented, Virtual und Mixed Reality im Tourismus
Augmented, Virtual und Mixed Reality im Tourismus

Augmented, Virtual und Mixed Reality im Tourismus

«I give you the Character Marker. It consists of this pair of spectacles. While you wear them, every one you meet will be marked upon the forehead with a letter indicating his or her character.»
The Master Key: An Electrical Fairy Tale by L. Frank Baum (1901)

Es vergeht keine Woche, in der die Medien nicht über Augmented, Virtual und Mixed Reality berichten. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wo wir heute in Bezug auf die Inhalte und die marktreifen Technologien stehen. Obiges Zitat zeigt, dass die Idee virtueller Umgebungen nicht neu ist. Die Umsetzung scheiterte bis vor kurzem lediglich an den fehlenden Technologien. Mit dem Einstieg von Microsoft, Apple und Google in die virtuelle Welt hat sich die Ausgangslage stark verändert.

Text: Prof. Martin Vollenweider / Bilder: Destination Davos Klosters, Dan Führer, Antoine Lienhard, Aline Räss, Simon Sägesser, Prof. Martin Vollenweider

Wie werden Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) im Tourismus eingesetzt?

Obwohl heute noch zwischen Augmented und Virtual Reality unterschieden wird, fliessen die beiden Technologien zunehmend zusammen und können nicht mehr voneinander unterschieden werden. Aus diesem Grunde spricht Microsoft nur noch von «Mixed Reality».

 

Augmented Reality

Augmented Reality (AR) überlagert digital erzeugte Inhalte mit der realen Welt der Benutzerin bzw. des Benutzers. Beim Betrachten eines Gegenstands mit dem Tablet oder Smartphone werden digitale Objekte (wie Bilder, Videos, Texte etc.) eingeblendet. Auf dem Gerät muss für jede Anwendung vorgängig eine spezielle Applikation (App) installiert werden.

AR-Lösungen werden häufig in Museen oder Ausstellungen eingesetzt. Das Institut für Multimedia Production (IMP) erarbeitet zurzeit ein Inhalts- und Umsetzungskonzept für die «Erlebniswelt Bunker Alvaneu», wo vor Ort mit Hilfe von Augmented Reality das Leben im Kommandobunker während des Kalten Krieges anschaulich aufgezeigt wird.

Die Besucher erkunden mit AR-Brillen oder Smartphones die Bunkeranlage Alvaneu und erhalten in den verschiedenen Räumen (zum Beispiel im Kommando- oder Nachrichtenraum) Informationen über das Leben im Kommandobunker während des Kalten Krieges. Die Kamera des Tablets erkennt reale Objekte und blendet digitale Inhalte ein. (Foto: Montage aus eigenen Quellen)
Die MMP-Studierenden A. Lienhard, A. Räss, S. Sägesser und D. Führer entwickelten die Idee des Panoramabusses, in welchem auf transparenten Bildschirmen zusätzliche Inhalte zu den Sehenswürdigkeiten eingeblendet werden. Mit der Hololens sichtbar, fungieren Gian und Giachen als Tourguides.
Die MMP-Studierenden A. Lienhard, A. Räss, S. Sägesser und D. Führer entwickelten die Idee des Panoramabusses, in welchem auf transparenten Bildschirmen zusätzliche Inhalte zu den Sehenswürdigkeiten eingeblendet werden. Mit der Hololens sichtbar, fungieren Gian und Giachen als Tourguides.

Virtual Reality

Virtual Reality (VR) schafft eine digitale Umgebung, welche die reale Welt der Benutzerin bzw. des Benutzers vollständig ersetzt. Die virtuelle Welt lässt sich nur mit einer VR-Brille oder dem Google Cardboard betrachten. VR gibt es in zwei Varianten: Im Tourismus lassen sich zum Beispiel Hotelzimmer, Restaurants, Kreuzfahrtschiffe, Landschaften etc. mittels 360°-Videos realitätsnah abbilden. Die Betrachter werden in eine reale Umgebung versetzt und können den Ort erforschen. Die zweite Variante bildet rein virtuelle, phantastische Welten ab. Diese Art von VR wird bei Spielen eingesetzt und findet im Tourismus wenig Verwendung.

 

Mixed Reality

Bei Mixed Reality (MR) verschmelzen die reale Welt und die digital erzeugten Inhalte im Raum. Die beiden Umgebungen koexistieren und interagieren miteinander. Für das Betrachten von MR-Anwendungen ist eine Brille mit speziellen Gläsern erforderlich. Die Objekte werden auf transparenten Bildschirmen in den Gläsern dargestellt (zum Beispiel in Form von Hologrammen). Die Brillen sind mit ca. CHF 1500.‒ noch relativ teuer.

Die oben beschriebenen Technologien eignen sich als verkaufsfördernde Massnahmen. Die Dienstleistungen der Tourismusindustrie sind immaterielle Erfahrungsgüter, welche erst – im Gegensatz zu Autos, Kleidern etc. – nach dem Kauf bewertet werden. Mit Hilfe von 360°-Videos können Reiseanbieter die Destinationen während der Inspirationsphase anschaulich präsentieren. Mit der VR-Brille lassen sich Wunschziele im Reisebüro erkunden und miteinander vergleichen. Mittlerweile gibt es für VR-Geräte genügend spannende Inhalte. Allerdings besteht die Gefahr, dass das virtuelle Reiseerlebnis einen derart positiven Eindruck hinterlässt, dass die Kundin resp. der Kunde die Reise gar nicht bucht.

 

Zukünftige Anwendungsgebiete

Reisen mit dem Zug, Schiff oder Flugzeug eignen sich gut für AR-Anwendungen. 2015 lancierte die Deutsche Bahn anlässlich des Starts ihrer «DB 4.0»-Digital-Offensive einen Ideenwettbewerb zum Thema «digitales Reisen». Als einer der drei besten Vorschläge wurde ein Reiseführer erkoren, welcher Sehenswürdigkeiten während der Reise per «Sprachansagen aus Kopfhörern, per App oder im Faltblatt» vorstellt!

Diese Lösung greift im 21. Jahrhundert zu kurz. Eine Gruppe von visionären MMP-Studierenden entwickelte im Herbstsemester 2017 für Chur Tourismus den Prototyp einer AR-Stadtrundfahrt mit einem selbstfahrenden Panoramabus. An den Fenstern sind transparente Bildschirme angebracht, welche zusätzliche Inhalte und spezifische Informationen zu den Sehenswürdigkeiten einblenden. Reisebegleiter sind die bekannten Steinböcke Gian und Giachen, die den Reisenden zusätzliche Informationen vermitteln.

 

Vision für die Zukunft

Die AR- und VR-Anwendungen für den Tourismus-Bereich benötigen eine eigene App. Für die Gäste ist das Handling dadurch etwas kompliziert. Prof. Roland Köppel und der Autor dieses Beitrags planen das Projekt «Augmented Erlebnis und Kommunikation Graubünden», welches den Gemeinden und Regionen den Weg in die digitale Tourismus-Zukunft des Kantons Graubünden weist und praxisnahe Umsetzungsmöglichkeiten aufzeigt. Hauptziel wird sein, Dienstleistungen und Angebote von Hotellerie, Gastronomie, Gewerbe, Industrie und Gemeinden auf virtuellen Anschlagbrettern zu präsentieren. Diese attraktiv gestalteten Stelen sollen vor Gemeindehäusern, auf wichtigen Plätzen, bei Geschäften und Museen, an Bahnhöfen, in Hotels etc. im ganzen Kanton Graubünden positioniert werden.

Beitrag von

Martin Vollenweider, Prof.

Prof. Martin Vollenweider ist als Dozent/Modulleiter am Institut für Multimedia Production (IMP) verantwortlich für die Module Interaktive Medien und Media Applications.