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Gäste wünschen naturnahe Wege

27. April 2016

Viele Wanderwege in alpinen Destinationen werden auch für die Land- und Forstwirtschaft genutzt und entsprechend auch ausgebaut. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur hat untersucht, inwiefern dieser Ausbau Auswirkungen auf den Tourismus hat. Die Ergebnisse deuten einen jährlichen Verlust an touristischer Wertschöpfung in Millionenhöhe allein im Testgebiet Arosa-Schanfigg an, wenn zu viele naturnahe Wege ausgebaut werden.
 
Einerseits sind Land- und Forstwirtschaftswege im Berggebiet ein wichtiger Zugang für die Produzenten zu ihren Produktionsflächen, damit diese weiterhin gepflegt werden können. Andererseits hat deren Ausgestaltung einen grossen Einfluss auf das Landschaftsbild. Naturnahe Wege weisen dabei eine grosse Vielfalt von Kleinstrukturen und die traditionelle Kulturlandschaft prägenden Elemente auf, die bei Meliorationsausbauten verloren gehen. Die Kunstbauten und die intensivierte Nutzung prägen das Landschaftsbild sehr stark.  
 
Bedeutung von Wegen für Landwirtschaft, Landschaft und Gäste
Das Forschungsprojekt (Studie steht weiter unten zum Download zur Verfügung) des Instituts für Tourismus und Freizeit ITF, in Kooperation mit dem Zentrum für wirtschaftspolitische Forschung ZWF, beide an der HTW Chur, untersuchte unterschiedliche Wegetypen (naturnah und ausgebaut) in ihrer Bedeutung für den Tourismus (Wahrnehmung der Gäste und Wertschöpfung). Im Sommer 2015 wurden dafür in der Testregion Arosa-Schanfigg 354 Fragebögen bei Übernachtungs- und Tagesgästen erfasst. Des Weiteren wurden mit unterschiedlichen Produzentinnen und Produzenten (Biolandwirtschaft, konventionelle Landwirtschaft und Agrotourismus sowie Forstwirtschaft) Interviews zu deren Bedürfnissen an die Land- und Forstwirtschaftswege geführt.
 
Touristische Wertschöpfung naturnaher Wege
Die Umfrage ergab, dass Gäste sich naturnahe Wanderwege wünschen. Bei einem Ausbau des Wegnetzes droht ein hoher jährlicher touristischer Wertschöpfungsverlust allein in der Region Arosa-Schanfigg: CHF 3 Mio. beim Ausbau von einem Drittel aller Wege, ca. CHF 7.5 Mio. beim Ausbau von zwei Dritteln aller Wege und CHF 11 Mio., wenn alle Wege ausgebaut würden.
 
Für 95% der befragten Gäste ist die Benutzung der Wege wichtig oder sehr wichtig und mehr als 92% der Gäste bewerten den Idealtyp eines naturnahen Weges deutlich positiv. Die Fotomontage (Bilder stehen als Download unten zur Verfügung) eines ausgebauten Weges mit Betonspuren und Grünstreifen, sowie den einhergehenden Veränderungen im Landschaftsbild (z.B. Schnittwiesen, Stützmauern etc.) werden eher negativ bis sehr negativ bewertet. Die Befragten bevorzugen Landschaftsbilder mit naturnahen Wegen, Kleinstrukturen und abwechslungsreicher Natur. Sie gaben an, bei zu hohem Ausbaugrad die Wanderregion nicht mehr zu besuchen.
 
Angepasste Rahmenbedingungen unterstützen Landwirtschaft und Tourismus
Da diese Wege zugleich wichtige Zugänge für die Land- und Forstwirtschaft darstellen, wurden diese Bedürfnisse in der Studie ebenfalls untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass Bäuerinnen und Bauern vor allem gut befahrbare Wege brauchen. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen der Melioration werden Gelder jedoch hauptsächlich für den Neubau bzw. Umbau der Wege gesprochen. Da dieses System nicht zu befriedigenden Ergebnissen beim Erhalt und der Pflege von naturnahen Wegen führt, sprechen sich viele Landwirte mangels Alternative für den Ausbau dieser Wege aus, obwohl sie sich auch vorstellen könnten mit naturnahen Wegen zu produzieren, sofern diese regelmässig gepflegt und ausgebessert werden.

Dies zeigt die Notwendigkeit zu einer Diskussion einerseits über den Umfang der Meliorationen (bessere Berücksichtigung der touristischen Interessen in Wandergebieten) und andererseits über die politischen Rahmenbedingungen (Möglichkeit Gelder auch in Unterhalt anstatt nur Ausbau der Wege zu sprechen.) Durch Pflege und Renovierungsarbeiten könnten ebenfalls Arbeitsplätze in der Peripherie gehalten werden.
 

Bildlegenden:

  • _NATUR: Typischer Weg im naturnahen Zustand im Testgebiet Arosa-Schanfigg.
  • _MELIORATION_STREIFEN: Bearbeitetes Bild der gleichen Situation im Testgebiet Arosa-Schanfigg, mit Ausbaumassnahmen inkl. Streifen.
  • _MELIORATION_ASPHALTIERT: Bearbeitetes Bild der gleichen Situation im Testgebiet Arosa-Schanfigg, mit Ausbaumassnahmen inkl. vollständiger Asphaltierung.

Fachhochschule Graubünden

Als agile Hochschule setzt die FH Graubünden auf dynamisches Denken und proaktives Handeln. Mit diesem Mindset gestaltet sie nachhaltig die Zukunft mit. Studium und Forschung sind interdisziplinär und orientieren sich an praktischen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft. Ihre über 2300 Studierenden bildet sie zu hochqualifizierten und verantwortungsvollen Persönlichkeiten aus. Die Hochschule bietet Studien- und Weiterbildungsangebote in Architektur, Bauingenieurwesen, Computational and Data Science, Digital Supply Chain Management, Information Science, Management, Mobile Robotics, Multimedia Production, Photonics sowie Tourismus an. In ihrer Forschung fokussiert sie auf die Themen Angewandte Zukunftstechnologien, Entwicklung im alpinen Raum und Unternehmerisches Handeln, und agiert auch partizipativ in Reallaboren. Die Mitwirkung aller Hochschulangehörigen trägt zur Weiterentwicklung der Fachhochschule und deren Qualität bei.